Best of August 2008

Scramble. Ich hör immer nur Scramble… Was ist dieses Scramble? Wo kommt das her? Leo.org sagt, das würde „Gedrängel“ bedeuten. Hm. Fünf Mann sind fünf Minuten lang gemeinsam in einem Ring – um das zu einem Gedrängel zu machen, müsste man schon den Ring von Runde zu Runde schrumpfen. Witzige Vorstellung... Zumindest innovativ soll diese neue Matchart ja sein. „Hm“ Nummer 2. Klar, es ist vollkommen verständlich und auch nachvollziehbar, wenn man die Existenz eines WWE Hardcore Titles in der Geschichte der Liga ignoriert, aber… Ihr wisst schon. Nachdem das den Offiziellen auffiel, fügte man jedoch noch zwei kleine Besonderheiten hinzu, die das Szenario von dem der Hardcore-Titelkämpfe abhob. Eine Gute und eine Blöde. Die Gute war die Tatsache, dass nur der Gewinner des letzten Fall als Champion anerkannt werden würde, die Blöde war die Entscheidung, die Kontrahenten würden in 5-Minuten-Abschnitten zum Ring kommen. Zumindest erhielt man ein wenig Zauber, der erst zerstört wurde, als Smackdown und schließlich auch noch die ECW mit derselben Matchansetzung nachzogen. Dass das am Ende so blöd aber alles doch nicht ist und dass es sogar noch eine Welt außerhalb des Gedrängels in den vergangenen 4 Wochen gab, dass soll Inhalt des nun Folgenden sein: Best of… August 2008 – und damit Happy Birthday to Myself zum 5. Geburtstag dieser Kolumne.


Beste Storylines und Fehden
1. Shawn Michaels v. Chris Jericho
2. Undertaker v. La Familia
3. Rhodes & DiBiase v. Cryme Tyme

Erstmals in der – hatte ich es erwähnt? – nunmehr 5-jährigen Geschichte dieser Rubrik hat eine Storyline ein Triple geschafft. Im Best of, das den April, Mai und Juni behandelte, stand noch die Dreiecksgeschichte um den Heartbreak Kid, Y2J und Batista auf der Pole Position. Ich bezeichnete die überraschend Frische Geschichte als „Lichtblick“ und ergötzte mich an der hohen Bookingkunst, die es tatsächlich schaffte, ein Dreieck aus drei Faces sinnvoll und langfristig zu erzählen. Im letzten Monat dann waren die Vorzeichen bereits andere. Batista war raus, Chris Jericho war mittlerweile Heel und Shawn Michaels hatte ein Auge, auf das selbst Karl Dall neidisch geworden wäre. Ich bezeichnete die abgebildete Fehde der beiden Ausnahmeathleten als neue Referenz in Sachen „perfekte Storyline“. Nun, da wir 31 Tage in der Geschichte weiter sind, muss ich – und das ist eigentlich das ungewöhnlichste an der ganzen Szenerie – nichts von dem bisher geschriebenen revidieren. Im Gegenteil: Ich muss dem Ganzen sogar noch die Krone aufsetzen, quasi den Marshmallow auf der heißen Schokolade mit Sahne und Schokosträußeln karamellisieren. Es ist einfach grandios, wie es den Bookern gelingt, die Storyline über nunmehr fast 6 Monate konstant aufrecht zu erhalten und im Spannungsbogen immer noch nicht den Wendepunkt erreicht zu haben. Mit dem Aufbau der Michaels-Promo beim Summerslam und der finalen Durchführung selbiger hat man einen Maßstab an die Wrestlingwelt gesendet, den man sich hoffentlich am ehesten selbst immer und immer wieder als Richtschnur vor Augen führt. Es wurde persönlich – beide Kontrahenten sprachen über die Frauen und die Kinder des anderen und über die eigenen. Beide trugen Privatklamotten und referierten aus ihren Karrieren. Michaels hielt eine emotionale Promo über sein Karriereende und hielt dabei fest die Hand seiner Frau als Stütze, während Jericho die Dramatik der Situation jäh unterbrach. Was darauf folgte ist Bookinggenie und führt uns zu einem der vielleicht wichtigsten Matches des laufenden Jahres bei Unforgiven, welches hoffentlich nicht unter der Verletzung des Heartbreak Kid leiden muss. Ja, und selbst wenn HBK eine lange Pause einlegen muss – das wär doch mal eine Herausforderung für das Team der Schreiberlinge, die Brisanz zu halten und uns DEN Headliner für WrestleMania 25 zu präsentieren, der jetzt schon bei Unforgiven vergeudet wird.

Unspektakulärer hätte das Comeback des Deadman wohl kaum verlaufen können. „Du bist doof. Und deshalb hab ich den Undertaker wieder eingestellt.“ – oder so ähnlich verkündete Vickie Guerrero das Finale in der Fehde zwischen Edge und selbigem Totengräber. Immerhin sperrte man die Kontrahenten in eine Zelle. Doch tatsächlich schaffte es der Fortgang der Geschichte bis hin zum Summerslam, als auch über den Summerslam hinaus, die Storyline um The Undertaker, Edge und die Familia an der Spitze des Smackdown-Brands zu halten. Edge bekam von Woche zu Woche immer mehr Psycho in seinen Charakter gerührt und distanzierte sich dabei immer mehr von der Seite, die Angst vorm Undertaker hatte. Der Deadman hingegen wurde fein säuberlich durch die bekannten Mindgames zum Summerslam hin begleitet. Welches Feuerwerk dann schließlich das Grande Finale lieferte, wird an anderer Stelle gehuldigt – die unglaubliche Freude über die Storyline entstand aber nicht ausschließlich genau dadurch, sondern insbesondere durch die Wochen nach dem größten Blockbuster des Sommers. Denn obwohl Edge fortan in der Hölle schmort (okay, DAS hätte man sich tatsächlich sparen können), lässt man die Rivalität zwischen dem Undertaker und Vickie Guerrero samt ihren Mannen fortlaufen – und das macht richtig Spaß. La Familia beginnt langsam zu zerbröckeln und der Deadman hat sein Ziel klar formuliert: Er will Vickie’s Seele und es steht außer Frage, dass er sie auch bekommen wird. Die Richtung ist dabei sehr spannend. Schickt die General Managerin Big Show zur Strafe für dessen Ausraster in die Fänge des Undertaker und schenkt sie ihm wie schon an anderer Stelle vermutet einen Titleshot zu Besänftigung? Und was um alles in der Welt ist eigentlich mit Edge? Genau diese ganzen Fragen, machen die Geschichte so unheimlich spannend und sorgen dafür, dass ich Woche für Woche wieder einem Hobby nachgehe, was ich lange Zeit vernachlässigt hatte: Smackdown schauen.

Bei RAW hat man derzeit Tag Team Champions, die tatsächlich Profil besitzen. Profil bedeutet, dass sie etwas haben, auf dem man Storylines aufbauen kann, mit dem man Geschichten erzählen kann. Desweiteren hat man bei RAW mit Cryme Tyme ein Team, dass über dieselbe Eigenschaft verfügt und zum Glück auch noch konträrer Gesinnung ist. Eine Situation, die – eigentlich gar nicht so neu ist. Der Unterschied ist aber, dass man dieses Mal tatsächlich auf den Eigenschaften der beiden Teams aufsetzt und versucht, genau eine solche sich bietende Storyline um die beiden Teams zu erzählen. Oh mein Gott, wie lange ist das her, das man so etwas getan hat? Standard-Szenario wäre gewesen, dass Cryme Tyme irgend ein plötzlich dahergebooktes No.1-Contender-Match gewinnt und seinen Shot schließlich (wenn überhaupt, das weiß man bei Cryme Tyme’s Titelshots ja nie so genau) in der Midcard irgend einer RAW Show zur Belanglosigkeit verkommen lässt. Oder man setzt ein ähnlich unerklärtes Non-Title-Match an und lässt die Champs verlieren. Das sind eigentlich die einzigen zwei Szenarien, mit denen in den letzten Monaten und fast sogar Jahren, Tag Team Titelfehden bis auf wenige Ausnahmen erzählt wurden. Es war daher unheimlich erfrischend zu sehen, wie man die Profile beider Teams ausnutzte, das „Simply Priceless“ und das „Money Money Yeah Yeah“ tatsächlich in schönen Promos miteinander verband und somit eine Tag Team Titelfehde schuf, die es vollkommen zurecht endlich mal wieder auf eine PPV-Card schaffte.


Schlechteste Storylines und Fehden
1. Triple H v. Great Khali
2. Colin Delaney’s Heelturn
3. Rey Mysterio’s Comeback

Noch vor einem Monat war ich einer der Befürworter des Titelmatches zwischen Triple H und The Great Khali – weil ich halt irgendwie der Meinung war, man würde daraus schon noch irgendwas Großes machen. Verglichen mit der eigentlichen Bedeutung des Summerslam war dieser Titelkampf samt Aufbau aber so belanglos wie American Pie 4 bis 6. Zusammen. Natürlich hatte man bei Smackdown den Fokus auf einen anderen Kampf und eine andere Storyline gelegt – dass muss aber nicht im Umkehrschluss heißen, dass man im WWE Title-Rennen einfach irgendwas zusammenbooken darf. Während Edge-Taker in jeder Ausgabe der Freitagsshow mit fantastischen Main Event Promos gehyped wurde, holte man Ranjin Singh zurück und veranstaltete Armdrück-Wettbewerbe, um das WWE Titelmatch für den Summerslam aufzubauen. Das klingt fast so dämlich, als würde man ein WWE World Heavyweight Titlematch mit einem Glas Whiskey hypen, während im Main Event der Tag Team Title fröhlich hin und her wechselt. Es fällt mir wirklich schwer, mich zu erinnern, wann Triple H zum letzten Mal in einer so über alle Maßen belanglosen Rolle präsentiert wurde. Schlichtweg schockierend.

Dass das Booking-Team von World Wrestling Entertainment ein ziemlich bunter Haufen ziemlich schräger Vögel sein muss, das wird sich wohl jeder denken, der die Shows von WWE mal aufmerksamer beobachtet hat. Gepackt vom Olympia-Fieber scheinen die Jungs und Mädels ihre eigene kleine Olympiade abgehalten zu haben. Den Heelturn von Colin Delaney bookte schließlich niemand geringerer als der Goldmedaillen-Gewinner im Mit-dem-Kopf-vor-die-Wand-Rennen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es niemanden, aber auch wirklich niemanden, der schlechter dazu geeignet war, einen Heel zu verkörpern als Colin Delaney. Darüber hinaus beendete man die Fehde zwischen Mark Henry und Tommy Dreamer direkt nach deren Titelmatch, was den Turn noch viel sinnloser machte – weil es etwas weitererzählte, was schon längst vorüber war. Ergebnis war noch ein Extreme Rules Match zwischen Tommy und Colin und schließlich die Entlassung des irischen Underdogs. Wie auch hätte man eine Geschichte mit ihm erzählen sollen, jetzt da er gegen Dreamer geturnt war, aber auch nicht wirklich zur Henry-Atlas-Allianz gehörte. Colin Delaney gab man einen Vertrag für die Durchführung genau einer Storyline und warf ihn am Ende dieser Geschichte einfach wieder auf den Müll. Das nenn ich mal konsequente Nachwuchsförderung.

Was man in den Wochen vorm Summerslam mit Kane anstellte, das hatte schon was. Back to Psycho – die Rolle, die Jacobs am besten kann. Back to Heel – die Gesinnung, die ihm am besten steht. Und schließlich: Back to Mystery – eine Art Storyline, die in Zusammenhang mit Kane’s großartigem Spiel einfach ein Selbstgänger ist. Ich sah ihn schon vor mir, maskiert, den World Heavyweight Title um seine Hüften, dominant, das RAW Roster anführend. Dann gibt er Mike Adamle einfach mal so das Säckchen, dieser öffnet es und zieht die Maske von Rey Mysterio hinaus. Kane berichtet von den Höllenqualen, die er dem kleinen Mexikaner zugefügt hat und ich war immer noch auf der Seite der schreibenden Olympioniken und dachte, man könne etwas Großartiges daraus kreieren. John Cena fiel aus und The Adamle kündigt Mysterio als Ersatz für das Gedrängel bei Unforgiven an. Dem nicht genug – in der Folgewoche springt ein quietschfideler Rey Mysterio durch die Halle und tritt Kane mehrmals ins Gesicht. Da hat Kane dann wohl doch nicht so den guten Job im Zerstören gemacht, wie einst behauptet. Und schwupps – auf einen Schlag hab ich den Glauben an das BOOM in dieser Geschichte vollständig verloren und sehe schon eine unwichtige Midcard-Fehde der beiden vor mir, in der Kane wahrscheinlich auch noch per 619 besiegt werden wird. Aber ich bin gerne bereit, mich überraschen zu lassen. Es ist zum Heulen.

Genau mit dieser Verhunzung einer der interessantesten Fehden am Montag Abend hat WWE viel bei mir kaputt gemacht. Cryme Tyme hingegen macht sehr viel Spaß und Y2J und HBK schreiben momentan mit jeder Sekunde, die sie im TV zu sehen sind Geschichte. Ich komme also nicht umhin, den Punkt an Adamle’s Show zu geben, auch wenn ich mich durch ECW und Smackdown wirklich unterhalten gefühlt habe.


Beste Gimmicks
1. Chris Jericho
2. The Brian Kendrick
3. Santino Marella & Beth Phoenix

Was haben wir doch alle geflucht, nachdem man das so lang herbei gesehnte Comeback von Chris Jericho so dermaßen in den Sand gesetzt hatte? Freunde, ich bin offiziell besänftigt. In einem Interview sagte Jericho erst kürzlich, er wollte von vornherein eine neue andere Rolle nach seinem Comeback spielen und genau diese hat er nun gefunden und sie passt wie Hugh Laurie in die Rolle des Dr. House. Jericho als ernsthafter Heel, ein wenig depressiv, dabei aber immer bestimmt und zielorientiert, der mit leiser gesetzter Stimme spricht und seine Arroganz dadurch in keinster Weise unterschlägt. Ein neuer Chris Jericho wurde geschaffen, ohne ihm ein Hahnenkostüm anzuziehen oder ihn andere WWE Stars wie Carlito oder John Cena imitieren zu lassen. Man leitete in den Charakter einfach so über und erhielt so stufenlos einen der wohl vollkommensten Charaktere der letzten Zeit. Zuletzt war ich bei Randy Orton zu Beginn seines letzten Titleruns so sehr von einem Gimmick begeistert und ich wünsch mir wirklich, dass man diese Intensität des aktuellen Jericho-Charakters ausnutzt und ihm den Main Event Run gewährt, der ihm gebührt. Also mit „Main Event Run“ meine ich natürlich eine Fehde um den World Title – das ist ja in letzter Zeit nicht mehr unbedingt gleichbedeutend.

Wer hätte das noch vor wenigen Wochen gedacht? Bei RAW war Brian Kendrick ein unscheinbarer Teil eines unwichtigen Tag Teams. Kurzzeitig wollte man ihn von Partner Paul London splitten und ihn als Heel darstellen, allein die Vorstellung daran empfand ich aber als so lächerlich, dass das plötzliche Fallenlassen des Turns auf vollkommenes Verständnis bei mir stieß. Dann kam die Draft Lottery und mit dem nun endgültigen Split der vermeidliche Untergang für Paul London und Brian Kendrick. Was sich für den bei RAW verbliebenen Paul London bewahrheitete, kehrte sich für Spanky bei Smackdown zu einer der größten Sensationen des laufenden Jahres – anscheinend ist aber aktuell alles möglich in einer Welt, in der CM Punk World Champion ist. Brian Kendrick, also nicht irgendeiner, sondern The Brian Kendrick, steht nun im WWE Titlematch bei Unforgiven und die Welt beobachtet dieses Treiben mit vor Erstaunen weit geöffnetem Mund. Dabei hätte es durchaus Alternativen zu seiner Person gegeben – Khali, Show, Umaga und wie sie nicht alle heißen. Bleibt nur die Frage offen, warum man sich grade für Kendrick entschied. Bei der Beantwortung kommen mir Gedanken, die ich gar nicht auszusprechen wage und alleine deshalb bin ich plötzlich Fan des erst verhassten Scramble-Gedanken geworden. Man bedenke: Alles ist möglich in einer Welt, in der CM Punk World Champion ist.

Ich verlange nach der Ehrengoldmedaille für denjenigen, der es geschafft hat, Santino Marella in einer sinnvollen Storyline erneut zum Intercontinental Champion zu booken. Wahrscheinlich wird sie derjenige Booker bekommen, der schon in der Kategorie Marihuana-Verzehr gesiegt hat – aber wenn das das Ergebnis des unerlaubten Genusses war, mein Gott, dann weiß ich warum in Holland der Käse so klasse schmeckt. Kofi Kingston dürfte man im Gegenzug ebenfalls einen Gefallen getan haben, indem man ihn schnell wieder des Goldes entledigte und ihn damit vor dem „Die Rocky Die“-Syndrom bewahren konnte. Das Gespann aus Santino und Beth Phoenix funktioniert prächtig und auch wenn es den Wert des Intercontinental Title nicht unbedingt steigert, so schenkt es ihm zumindest ein wenig mehr Aufmerksamkeit, als es unter Kofi Kingston’s Herrschaft wahrscheinlich der Fall gewesen wäre. Wenn man mich endgültig von dem Szenario überzeugen will, dann gibt man am Ende D'Lo Brown das Gold und alles ist wieder gut.


Schlechteste Gimmicks
1. D’Lo Brown
2. William Regal
3. Primo Colon, Ryan Braddock, Scotty Goldman, Gavin Spears

Wie nah war ich doch am ultimativen Mark-Out, als ich vom Comeback von D’Lo Brown las. Dann, wenige Wochen später sprach Santino Marella eine offene Herausforderung aus und niemand geringerer als D’Lo nahm sie an. Ein Squash, wie es sich für ein solch wichtiges Comeback gehörte, war Formsache und ich sah ihn schon auf den großen PPV-Cards regieren. Der Lichtblick erstrahlte noch einmal, als man Brown direkt nach dem Summerslam in die Intercontinental Titelfehde zwischen Kofi Kingston und Santino Marella einbaute – schon die Woche drauf war von Brown in diesem Zusammenhang aber schon nichts mehr zu sehen. Und ich hätte mir gewünscht, dabei wäre es geblieben, denn beim letzten RAW zerstörte man all meine Hoffnungen daran, man würde D’Lo zum ersten Mal in seiner Karriere seinen Fähigkeiten entsprechend einsetzen, indem man ihn clean (!) gegen Santino verlieren ließ. Man ist ein Mann, man steht im Leben, hat schon viel Scheiße erlebt. Man ist ein Mann, hat Haare auf der Brust, geht in der Disco keiner Konfrontation aus dem Weg. Man ist ein Mann. Aber manchmal möchte man einfach nur weinen.

Und in keine andere Kategorie fällt William Regal. Über Jahre musste er sich mit einer Rolle bei World Wrestling Entertainment zufrieden geben, die seinen Fähigkeiten als Sports-Entertainer vollständig unwürdig war. Dann endlich gibt man ihm die Kraft und Aufmerksamkeit, nach der die Smart-Marks schon so lange dürsteten, lässt ihn den King of the Ring gewinnen, lässt ihn RAW dominieren – und man sah ihn schon in Kämpfen gegen John Cena, gegen Triple H, um das große Gold, im Main Event der ganz großen Shows. Tja, dann kam die Sperre, die Rückkehr als „heißester Free Agent“ der Galaxie und die Niederlage gegen Jamie Noble. Schiebt es auf den Verstoß gegen die Drug Policy, von mir aus. Sagt, Regal sei selber Schuld. Aber dann erklärt mir bitte im selben Atemzug, warum Randy Orton erneut WWE Champion wurde und warum ein Vollpfosten wie Jeff Hardy schon wieder im Titelrennen um selbigen Gürtel stehen darf. Mit William Regal zieht man grade eine ganz miese Nummer durch und wenn ich jemals demjenigen begegne, der sich dafür verantwortlich zeichnet, dann,… dann,… dann streck ich ihm die Zunge raus. So.

Junge Gesichter, frische Talente – wann wurden wir zuletzt so sehr mit diesem raren Gut überhäuft wie derzeit bei World Wrestling Entertainment. RAW hat mit Carlitos kleinem Bruder Primo Colón einen vielversprechenden Zuwachs erhalten, bei ECW tummelt sich mit Gavin Spears ein sehr charismatisches Talent herum und Smackdown präsentierte uns nicht nur mit Ryan Braddock ein frisches Gesicht, sondern auch noch das lang ersehnte Debut der Independent-Hoffnung Colt Cabana, in WWE-Sprache Scotty Goldman. Dass die Namen der Frischlinge alle ein wenig so klingen, als seihen sie einer 80er-Jahre-Krimiserie entsprungen, liegt wohl einfach nur daran, dass man sich im Bookingteam gerade in sowas wie einer „Phase“ befindet. So eine Phase, wie wenn die Gesellschaft ihre Kinder plötzlich alle Harmony nennt. Dass man es aber schafft, jedes, aber auch wirklich jedes dieser Debuts sehr vielversprechender Männer so sehr verkommen zu lassen, dafür lasse ich als Begründung nicht einfach mal die Mode der Zeit durchgehen.

Alleine der Anblick der Teilnehmer am WWE Title Match für Unforgiven zeigt mir, dass bei Smackdown momentan die Post abgeht. MVP, Brian Kendrick und Shelton Benjamin kämpfen um das große Gold und habe allesamt Charaktere, die man für diesen Moment aufbaut. RAW hat es sich durch den Umgang mit Regal und Brown ein wenig mit mir verdorben, weist mit Geniestreichen wie den Tag Team Champions, deren Herausforderern, Chris Jericho und Glamarella aber gleich eine ganze Riege an frischem Gimmickblut vor. Daher gibt’s den aufgeteilten Punkt – nen halben an Adamle und nen halben an das Guerrero/Long-Duett.


Wrestler des Monats
1. Batista
2. Edge
3. Chris Jericho

Diesen Monat war das wirklich schwierig mit der Wahl zum „Wrestler des Monats“, gab es doch schließlich niemanden, der entweder konstant herausstach oder wie im letzten Monat am Beispiel CM Punk, den größten Schub seiner Karriere erfuhr. Natürlich gibt es da auf der einen Seite Brian Kendrick, der den ganz großen Durchbruch schaffte und nun um das große Gold antreten darf, ohne den nervigen Weg über die Midcard nehmen zu müssen. Natürlich gibt es da auch immer noch Punk, der nach wie vor Champion ist und sich in dieser Rolle von Woche zu Woche mehr etabliert. Viel geredet wurde außerdem über Rey Mysterio und den Gewinn des Intercontinental Titles für Santino Marella sollte man auch nicht unterschätzen, gerade wenn man den Stellenwert seines Charakters vor dem Titelgewinn betrachtet. The Undertaker ist zurückgekehrt und tat dies mit einem epochalen Kampf – im Anschluss bildete er stets die Hauptattraktion im Smackdown brand, aber halt auch erst seit zwei Wochen.
Übrig geblieben sind drei Namen: Batista, Edge und Chris Jericho. Jericho steht in der vielleicht bedeutsamsten Fehde der letzten Jahre und macht dort eine wahrlich einzigartige Figur. Er durfte Shawn Michaels dominieren und hat einen beeindruckenden Charakterwechsel vollzogen bekommen, der ihn innerhalb kürzester Zeit in den Main Event zurückbefördern könnte. Jericho bestach nicht durch viele In-Ring-Auftritte, im Gegenteil. Es war die wiedergewonnene Klasse in seinen Promos und die unglaubliche Präsenz, die er in jedem einzelnen Segment ausstrahlt, an dem er beteiligt war, die ihn auf diese Liste hievt.
Edge hingegen hat ganz klar die erste Monatshälfte dominiert. Niemand war allgegenwärtiger als der Rated R Superstar, nahezu jede Smackdown-Ausgabe wurde von einer seiner grandiosen Promos geheadlined. Darüber hinaus stand er auf der Card des Summerslam, des zweitwichtigsten PPV’s des Jahres, über allen drei Titelkämpfen und bestritt einen fantastischen Kampf. Das war allerdings am 18.08. und seither ward von Edge nichts mehr gesehen, was eine Platzierung an der Spitze dieser Liste unmöglich macht.
Wer dann noch übrig bleibt in dieser schwierigen Herleitung, die dann auch den etwas anderen Aufbau dieser Rubrik begründet, ist niemand geringerer als Batista. Während sich der World Champion neben einem schwer ernst zunehmenden Gegner mit einem Glas Whiskey herumschlagen musste, gewann Batista Tag Team Gold. Und nicht nur das, beim Summerslam fuhr The Animal einen cleanen Sieg gegen John Cena ein und bewies damit einmal mehr seinen aktuellen Stellenwert im WWE Ranking. Es gibt wahrscheinlich niemanden im WWE Roster, der als Favorit in einen Kampf gegen Batista gehen würde und alleine dieser Umstand und die konsequent starke Darstellung seines Charakters rechtfertigen in meinen Augen diesen ersten Platz.

Der Vergleich der Roster ist in diesem Monat wirklich gemein. Während RAW die immer noch größere Starpower vorzuweisen hat, brilliert Smackdown durch einen tollen Notfallplan, der verdiente Midcard-Worker in den Mittelpunkt katapultiert. Beides sind tolle Ansätze, die reine Papierlage zwingt mich aber, den Punkt an RAW zu geben.


Matches und PPV-Tops
1. Undertaker – Edge /Summerslam
2. Batista – Cena /Summerslam
3. MVP – Jeff Hardy /Smackdown

Dass sowohl der Undertaker als auch Edge wichtige Matches bestreiten können, ist kein Geheimnis. Genau diese beiden dann gemeinsam in ein Hell in a Cell Match zu stecken, musste ja funktionieren und, Hell Yeah, das hat es. Edge brachte seine geliebte TLC-Komponente mit ein und es ging wirklich so ziemlich alles zu Bruch, was es irgendwie in den Käfig geschafft hat. Der Showdown war spannender als die meisten Main Events der letzten Monate und die Idee der Zerstörung Edge’s durch dessen eigene Signature Moves ein würdiger Abschluss der intensiven Fehde.

Eigentlich hätte der Kampf zwischen John Cena und Batista erstmalig auf einer WrestleMania Card stehen müssen und daher war ich ein bisschen enttäuscht über die plumpe Ansetzung und die hektisch erzählte Fehde. Dafür, dass beide Kontrahenten als vollkommen talentfrei verschrien sind und angeblich immer nur von ihren talentierteren Gegnern durch die Matches gezogen werden, haben Cena und Batista beim Summerslam aber ein wahrliches Feuerwerk abgeliefert. Einmal mehr wird man da wehmütig, da dieser Kampf eines WM-Main Events absolut würdig gewesen wäre. Mal sehen, was noch kommt. Das „erste Aufeinandertreffen zwischen John Cena und Batista“ hat man nun aber verspielt.

Beim Summerslam hat wohl jeder mit dem MVP-Hardy-Kampf als Showstealer gerechnet. Ernüchterung erfuhr man dann allerdings im Vorfeld, als es hieß, Jeff Hardy sei verletzt. Bedenkt man diesen Umstand, ist es doch wirklich sehr respektabel, was die beiden Kontrahenten noch aus ihrem Kampf als Opener beim Summerslam herausholten – zu was sie allerdings bei 100% Leistungsfähigkeit imstande sind, bewiesen sie uns zwei Wochen später bei Smackdown. Großartige Athletik, toll erzählte Matchdurchführung und ein imposantes Finish machten ihr Smackdown-Match zum wohl besten TV-Match dieses Monats. Okay, es hob sich natürlich alleine schon dadurch von seinen Konkurrenten ab, dass es länger als 4 Minuten andauerte.

Letztere Anspielung galt natürlich hauptsächlich dem RAW-Brand, der im August doch sehr Entertainment-lastig getrieben war. Das Match in der vergangenen Woche zwischen Punk und JBL war da ein seltener Lichtblick und daher geht der Punkt für die Matchqualität an ECW/Smackdown.


Das Überflüssigste zum Schluss
1. Diva Division
2. Charlito
3. Chavo Guerrero im ECW Scramble

Die Versuche, bei Smackdown eine Women’s Division auf die Beine zu stellen, lassen mir immer noch die Schamesröte ins Gesicht steigen. Kennt ihr "Fremdschämen"? Woche für Woche präsentiert man uns die selben Konstellationen zwischen vier größtenteils unscheinbaren und austauschbaren Wrestlerinnen, bei denen die erzählte Geschichte nicht im Ansatz in Richtung „interessant“ gebracht wird. Jetzt ist noch ein Zwillingspäärchen hinzugekommen und kein Mensch weiß, was das soll.

Eigentlich ist es ja schön, dass es Charlie Haas mal wieder in die Hauptshows von WWE geschafft hat. Ja, und, mehr gibt’s eigentlich gar nicht zu sagen. Die tolle Idee, andere Wrestler zu imitieren ist ungefähr so neu wie RTL’s innovative Idee, im Januar C-Promis in den australischen Djungel schicken zu wollen – wenn das dann aber nichtmal zu einem Push sondern vielmehr zu einem einmütigen Squash gegen einen jamaikanischen Hampelmann führt, dann hätte man Charlie auch wirklich seine Maske lassen können und allen Beteiligten diese Demütigung erspart.

Versteht das irgendjemand? Chavo hat doch mittlerweile so wenig mit dem ECW Title zu tun wie ein Regenwurm mit Fußpilz. Stattdessen lässt man Männer wie Evan Bourne, Mike Knox oder gerade John Morrison außen vor. Chavo Guerrero Jr. kann das Scramble-Match bei Unforgiven in keinster Weise nach vorne bringen und ich möchte, dass der weg geht. Der nervt mich.


Unterm Strich

Der Juli war sensationell – das war der August sicherlich nicht. Der August war aber ebenso wenig schlecht, sondern ein grundsolider Wrestlingmonat, der die Geschichten konsequent und interessant weitererzählt hat. Dass man aus dem Summerslam wesentlich mehr hätte machen können, verleiht dem Ganzen einen kleinen bitteren Beigeschmack, hätte der Event aber einen weitaus weniger prestigeträchtigeren Namen gehabt, dann wär es doch eine ganz gute Veranstaltung gewesen.

Nach Showpunkten geht der August 2,5 : 1,5 an RAW.

Vor uns liegt ein PPV mit dreimal Gerangel. Es scheint daher sehr unwahrscheinlich, dass alle drei Champions ihr Gold verteidigen werden und alleine das macht die Show für mich schon sehr interessant. Hoffentlich im Main Event wird ein Kapitel einer ganz großen Storyline abgeschlossen und wer weiß, wer sich heute in vier Wochen schon alles Champion nennen darf. Schließlich ist momentan alles möglich, in einer Welt in der CM Punk World Heavyweight Champion ist.
Dabei wünsche ich Euch viel Spaß und wie immer eine gute Zeit – fünf Jahre sag ich diesen Satz am Ende meiner Kolumne nun schon und eines fällt mir jedes Mal auf’s Neue auf: Es macht immer noch Spaß und es ist Monat für Monat wieder ein tolles Gefühl, genau damit abzuschließen. Danke für’s Lesen und: Auf die nächsten 5!

Ben